Bei den Kongresswahlen in den USA haben die Republikaner von Präsident Donald Trump die Kontrolle über das Repräsentantenhaus verloren. Zugleich bauten sie aber ihre Mehrheit im Senat, der zweiten Kammer des Kongresses, aus. Das hat Folgen für die US-Innenpolitik.
Die Kongresswahlen haben gezeigt, wie zerrissen Amerika im Moment ist. Städte und Vorstädte verhalfen den Demokraten zu ihrem Erfolg im Repräsentantenhaus. Ausschlaggebend war nach ersten Wahlanalysen, dass vor allem Frauen Trump den Rücken kehrten. Der eher ländlich geprägte Süden des Landes sorgte hingegen dafür, dass die Republikaner im Senat die Oberhand behalten.
Vor allem die knappen Niederlagen im Senatsrennen in Florida und bei den Gouverneurswahlen in Georgia sind schmerzlich für die Demokraten, die sich aufgrund der demografischen Veränderungen – den Zuzug von Latinos und Afro-Amerikanern – Chancen auf einen Sieg in den eher konservativen Bundesstaaten ausgerechnet hatten.
Die Republikaner konnten vor allem in jenen Bundesstaaten ihre Mehrheiten verteidigen, die bereits bei der Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren für Trump gestimmt hatten. Wichtige Ausnahme: der Mittlere Westen, wo die Demokraten in vielen Staaten wichtige Kongresssitze zurückgewinnen konnten. Sogar im erzkonservativen Oklahoma schlugt die demokratische Herausforderin Kendra Horn ihren Kontrahenten Steve Russell.
Durch ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus werden die Demokraten nun versuchen, Trump zu zügeln, wie die Fraktionschefin der Demokraten, Nancy Pelosi, am Mittwoch ankündigte. Nicht alles kann die Opposition jedoch blockieren, da die Republikaner immer noch über eine Mehrheit im Senat verfügen.
Streitthema Migration
Trump droht damit, bis zu 15.000 Soldaten an die Grenze zu Mexiko zu schicken. Das ist eine höhere Zahl als die der derzeit in Afghanistan stationierten Soldaten. Viel dagegen ausrichten können die Demokraten im Repräsentantenhaus vorerst nicht. Aber sie wollen erreichen, dass Verteidigungsminister James Mattis einen Antrag des Heimatschutzministeriums ablehnt, der 450 Millionen US-Dollar für neue Grenzzäune vorsieht.
Das Ringen um eine rechtliche Lösung für die Kinder illegaler Einwanderer, die sogenannten Dreamer, dürfte weitergehen. Auch der Streit über Gelder für die von Trump versprochene Grenzmauer wird wieder aufflammen. Die Republikaner haben Bereitschaft signalisiert, Trumps Mauer zu finanzieren.
Der Verteidigungsausschuss im Senat hat eine Gesetzesvorlage entwickelt, mit der verhindert werden soll, dass Einwanderer ohne Papiere staatliche Vorteile und Steuergutschriften erhalten. Das sogenannte „Wall-Gesetz“ würde die Einsparungen dazu verwenden, „die 25-Milliarden-Dollar-Grenze des Präsidenten vollständig zu finanzieren“, heißt es in dem Entwurf.
Trump dürfte auch einen ernsthaften Anlauf unternehmen, das Recht auf US-Staatsbürgerschaft qua Geburt auszuhebeln. Er erwägt eine Exekutiv-Verordnung, aber im Senat feilen Verbündete wie der Texaner Ted Cruz bereits an einer Gesetzesvorlage. Es wäre die weitreichendste Reform in der US-Einwanderungspolitik seit Jahrzehnten, sie dürfte zahlreiche Gerichte beschäftigen.
Kehrtwende bei Steuern?
Die bisherige Wirtschaftspolitik der Trump-Regierung dürfte auch nach den Midterms nicht angetastet werden. Für eine Rückabwicklung der Steuerreform gibt es keine Mehrheit in beiden Kammern. Die Demokraten können aber nun weitere Steuersenkungen blockieren. Trump hatte im Wahlkampf ein neues „Zehn-Prozent-Steuerpaket“ versprochen, ohne ins Detail zu gehen. Das kann er ohne Einwilligung der Demokraten nicht durchsetzen.
Beim Haushalt zum Beispiel wächst der Einfluss der Demokraten immens. Sie können Trumps Vorhaben, die Budgets der Ministerien um fünf Prozent zu kürzen, stoppen. Das Thema Steuern könnte für Trump auch persönlich noch unangenehm werden: Die Demokraten wollen versuchen, über das mächtige „Ways and Means Committee“ an die Steuererklärungen des Präsidenten zu gelangen, die er bis heute nicht veröffentlicht hat.
„Sie können machen, was sie wollen“, sagte Trump im Vorfeld betont gleichgültig. Aber die Demokraten werden das Thema am Köcheln halten. „Die Demokraten könnten aber 2019 eine weitere Ausweitung der Staatsschulden blockieren und Steuererhöhungen durchsetzen. Das wiederum dürfte den Zinsanstieg in den USA verlangsamen und vor allem die Schwellenländer, die derzeit unter der Zinswende in den USA leiden, entlasten“, sagte Ifo-Chef Clemens Fuest dem Handelsblatt.
Geld für Infrastruktur
Eigentlich wollte Trump 2018 eine Infrastruktur-Revolution durchsetzen, mit Milliardeninvestitionen in Brücken, Gebäude, Straßen und Flughäfen. Die Pläne sollten in einen ähnlichen Achtungserfolg münden wie die Steuerreform. Wirtschaftsverbände fordern schon lange so ein Paket, aber in den Reihen der Republikaner besteht Sorge, das enorme Staatsdefizit noch weiter zu erhöhen.
Trump könnte nun Druck verspüren, vor den Präsidentschaftswahlen 2020 etwas Greifbares in der Innenpolitik vorlegen zu müssen. Dafür müsste er mit den Demokraten kooperieren – das wäre ein Kurswechsel im Vergleich zu seinen ersten beiden Jahren im Amt, als er komplett auf Konfrontation setzte.
Infrastruktur ist das Thema, das noch am ehesten beide Seiten vereint. Pelosi legte bereits einen Köder aus: Sie schwärmte bei einem Auftritt an der Elite-Uni Harvard, wie sehr ein Infrastrukturpaket der Nation guttun würde. Sollte die Reform nicht zustande kommen, könnten die Demokraten Trump dafür verantwortlich machen – und umgekehrt.
Unter Aufsicht
Der Abbau von staatlichen Auflagen stand in den ersten zwei Amtsjahren ganz oben auf Trumps Agenda. Mithilfe ihrer neuen Mehrheit in wichtigen Kongressausschüssen und mit öffentlichen Anhörungen könnten die Demokraten die Deregulierung der Trump-Administration bremsen und insbesondere die Energiewirtschaft in den USA wieder stärker an die Kette legen. Trump hatte in seiner bisherigen Amtszeit zahlreiche Umweltschutzauflagen abgeschafft.