Knorr-Bremse: Ralph Heuwing ist der Durchstarter beim Zulieferer

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Ralph Heuwing zeigt sich entsprechend erleichtert. „Die Woche vor dem Börsengang war nicht die einfachste des Jahres“, blickt der Finanzchef von Knorr-Bremse zurück. Doch der Aufwand hat sich gelohnt. Mit dem Sprung auf das Parkett hat für den Bremsenhersteller für Züge und Lkw eine neue Ära begonnen.

Fast vier Milliarden Euro hat der Börsengang gebracht, es war der zweitgrößte in diesem Jahr. Das Geld fließt alleine dem Eigentümer Heinz Hermann Thiele und seiner Tochter zu. Sie hatten Aktien abgegeben. Mit dem Schritt sichert der 77-jährige Thiele sein Lebenswerk ab und regelt die Nachfolge in dem Unternehmen, in dem er als Sachbearbeiter begonnen hatte. Doch ohne Heuwing wäre das Unterfangen deutlich schwerer gefallen.

Wichtiger Ankeraktionär

Denn der erst vor gut einem Jahr zu Knorr gewechselte Finanzchef war es, der die Überzeugungsarbeit in der Finanzszene leistete. 400 Investoren kontaktierte der Finanzchef in den vergangenen Monaten, führte 150 Einzelgespräche. Immer wieder verbreitete er die Story vom einst kleinen Mittelständler, der heute ein Technologiekonzern ist und den Weltmarkt für Zug- und Lkw-Bremsen dominiert.

Gesucht waren „langfristig orientierte Investoren mit einer Perspektive von drei bis fünf Jahren“, betont der 62-Jährige, der aus Nordrhein-Westfalen stammt. Heuwing legt Wert auf Langfristigkeit: Es geht ihm nicht um das Hetzen von Quartal zu Quartal.

Ohnehin hilft den Münchenern, dass Thiele weiterhin die Mehrheit am Konzern besitzt. Das erleichtert auch Heuwings Leben: „Es kann von Vorteil sein, wenn ein Unternehmen einen großen Familienaktionär hat. Solche Konstellationen geben dem Aufsichtsrat und dem Vorstand Rückendeckung für längerfristige Investitionen“, betont der Ex-Berater der Boston Consulting Group (BCG).

Dennoch: Es ist nicht unbedingt einfach, Vorstand im Unternehmen von Heinz Hermann Thiele zu sein. In den vergangenen Jahren sind einige Manager gekommen und wieder gegangen. Heuwing aber ist gekommen, um zu bleiben.

Der Ex-BCG-Partner baute Mitte der 90er-Jahre einen neuen Standort in Indien auf. Damals waren die Berater zu dritt, heute arbeiten dort mehr als 1.000 Menschen. Die Auslandserfahrung hat den Maschinenbauingenieur und Vater zweier Kinder geprägt: „Wenn man in Indien lebt, relativeren sich manche Probleme in Deutschland.“

Das kam ihm zugute, als er im Mai 2007 als Finanzchef bei Dürr begann. Zehn Jahre lang arbeitete Heuwing in dieser Funktion beim Anlagen- und Maschinenbauer. In dieser Zeit lernte er viele Investoren kennen, was sich als Vorteil auch beim späteren Börsengang von Knorr-Bremse herausstellte – denn viele Interessenten kannten ihn bereits von dort. Bei Dürr leitete er die wirtschaftliche Wende ein, begleitete die Internationalisierung und Akquisitionen.

Ihm sei der Ruf vorausgeeilt, dass seine Vorhersagen eher konservativ ausfielen, heißt es. Das kam bei den Investoren gut an. „Mit einem anderen Finanzchef hätte der Börsengang schnell ein teures Experiment für Knorr-Bremse werden können“, sagt ein Großanleger.

Doch Heuwing hat sich Vertrauen aufgebaut. Seine Bilanz bei Dürr kann sich sehen lassen. In seinen zehn Jahren bei den Stuttgartern stieg der Börsenkurs um das Fünffache. Bei seinem Abschied lag die Marktkapitalisierung bei etwa drei Milliarden Euro. Der Umsatz stieg in den zehn Jahren um über 150 Prozent. Der operative Gewinn vor Steuern lag sogar mehr als viermal so hoch. „Heuwing hat bei Dürr geliefert“, betonte ein Investor. Ein Kunststück, das er nun möglichst in München wiederholen möchte.

Erst im November 2017 wechselte er zu Knorr-Bremse. Aber Banker sind voll des Lobes über Heuwing. „Es ist schon eine außergewöhnliche Leistung, in weniger als einem Jahr als Finanzchef einen erfolgreichen Börsengang hinzubekommen“, betont ein Experte.

Allein die Umstellung von der deutschen Rechnungslegung HGB auf die internationale IFRS sei eine Meisterleistung gewesen – und das fehlerfrei und zeitgerecht. „Das war ein Eckpfeiler für die Aktien-Neuemission“, urteilt ein Banker. Im Gegensatz zu Unternehmen im Elite-Index Dax habe Heuwing nicht auf eine Abteilung mit 100 Leuten zurückgreifen können.

Zugang zu Kapital

Trotz Druck hat der eher ruhige, zurückhaltende Heuwing dabei stets die Nerven behalten. Er sei immer auf den Börsengang fokussiert gewesen. Und das, obwohl der Markt mit seinen fallenden Kursen gegen das IPO lief. Erfahrungsgemäß werden Investoren dann preissensitiver. „Doch die Reaktionen auf die Präsentationen vor Großanlegern sind so positiv gewesen, dass das Auftragsbuch sich kaum verändert hat“, berichten Finanzkreise.

Durch die Aktiennotiz hat Knorr-Bremse nun Zugang zu Kapital für Akquisitionen, falls Geld benötigt wird. Doch neue Vorstöße sollten erfolgreicher sein als die gescheiterte Übernahme des schwedischen Konkurrenten Haldex vor etwas mehr als einem Jahr.

Der Aktienkurs von Knorr-Bremse hat sich seit dem Handelsstart auf dem Frankfurter Parkett nur etwas besser entwickelt als der zuletzt stark unter Druck geratene Dax. Hier besteht durchaus noch Raum für Verbesserungen. Finanzchef Heuwing dürfte dies vor allem als Ansporn verstehen.

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